USA / Welt

Folge 8 Mammutbäume, Bären und andere Überraschungen

Wir befinden uns zwischen riesigen Mammutbäumen. Der größte und älteste ist laut Touristenstromlenkungsprogramm der Sherman Tree. Von der Straße aus braucht man seine Beine gerade mal 30 Meter weit bewegen und schon kann man den mächtigsten Organismus dieser Welt bewundern. Angeblich über 2400 Jahre alt, ist der Baum 81 m hoch und soll über 1,2 Millionen Tonnen wiegen. (Zweifel sind erlaubt.)

Die Redwoods nördlich von SanFrancisco sind höher, aber nicht so mächtig. So wie diese Bäume dastehen, kann man sich kaum vorstellen, dass sie überhaupt jemals umkippen. Und doch ist es am wahrscheinlichsten, dass sie auf diese Art und Weise zu Tode kommen, denn ihr Holz ist sehr beständig gegen Waldbrände und gegen die kleinen Biester des Waldes weiß der Baum sich auch erfolgreich zu wehren.

In der Umgebung gibt es schöne Wanderwege. Wir wählen einen weitläufigeren, um den Menschenmassen zu entgehen. Tatsächlich treffen wir kaum Leute. Der Weg führt uns durch hügeliges Gebiet. Wir sehen sehr viele Mammutbäume und wandern entspannt einen angenehmen Weg entlang. Nach einigen Stunden sind wir am Ausgangspunkt zurück, stillen unseren Hunger und fahren weiter. Es geht nun bergab. Charlie hält nur unwillig die Spur und gibt seltsame Geräusche von sich. In den Kurven können wir nur langsam fahren. Wir freuen uns auf die Zeit, in der wir nicht mehr in den Bergen fahren müssen. Unser Opa ist dafür nicht mehr gut geeignet. In Dorst Creek endet unsere heutige Tour. Der Zeltplatz liegt mitten im Wald. Wir haben noch zwei Stunden, bis es dunkel wird. Annett kocht. Ich hänge meinen Gedanken nach.

Besuch von Meister Petz in Dorst Creek

Wir sitzen gerade am Lagerfeuer, als wir Besuch bekommen. Ein Schwarzbär tappt wie selbstverständlich im Abstand von 10 Metern an uns vorbei. Andächtig beobachten wir das Tier. Annett fotografiert den Wildling aus nächster Nähe – es sollte das Foto werden, dessen Diebstahl ihr noch viele Jahre später am meisten leidtut. Kurz darauf erhebt sich ein lautes Kreischen auf dem gesamten Zeltplatz. Laut Platzordnung soll man durch Armwedeln, energisches Auftreten, notfalls auch durch das Werfen von Steinen den Bären vertreiben. Von einer Massenpanik war dort aber nicht die Rede. Glücklicherweise beruhigen sich die Leute wieder. Nur einmal noch, wir sind am Einschlafen, hören wir das Johlen der Massen.

In der Nacht träume ich, dass unsere Reise zu Ende ist. Die Fragen nach dem „Wie war’s?“ stehen im Raum. So schnell darf diese Unternehmung nun wirklich nicht enden. Langsam sind wir im neuen Leben angekommen. Es ist nicht alles supertoll. Aber die neu gewonnene Freiheit, vollständig über seine Zeit entscheiden zu können, überhaupt keine Verabredungen zu haben, die genießen wir in vollen Zügen. Und das soll noch möglichst lange so bleiben.

„Keine Termine und leicht einen sitzen.“

Harald Juhnkes Definition von Glück

Am Moro Rock

Am nächsten Tag schlafen wir aus und fahren zum Moro Rock. Das ist ein großer Felsen, der einen wunderschönen Rundblick ermöglicht. Man sieht den Mount Kawegh, der mit seinen 4200 m Höhe den Blick auf den noch 200 m höheren Mount Whitney verdeckt. Verlockende Wanderwege führen in Richtung dieser Berge, Aber wir haben am Wochenende einen Platz im Yosemity Nationalpark gebucht. Den Moro Rock besteigen wir auf einer endlosen Steintreppe. Über 400 Stufen führen steil nach oben.

Thale Harp war der erste Weiße, dem Indianer diesen Felsen und auch die Mammutbäume gezeigt haben. Das ist über 100 Jahre her. Es ist eine große Leistung der Naturschützer wie John Muir, dass es diese Nationalparks hier zwischen den großen Städten überhaupt noch gibt. Immerhin leben hier vier der fünf größten Baumarten der Welt. Noch vor 80 Jahren war es üblich, diese mächtigen Bäume zu fällen und sie zu Booten und dergleichen zu verarbeiten.

Sequoias

Was gibt es sonst noch zu berichten? Zum einen sehen wir einen Mammutbaum, der so groß ist, dass man mit einem Auto darauf parken kann. Zum anderen gibt es hier einen Baum der quer über einer Straße liegt und dennoch nicht den Verkehr behindert. Man hat einfach ein 2,5 Meter hohes Loch hineingeschnitten, so dass normale Fahrzeuge hindurch passen. An einem Wegesrand liegt ein Riesenbaum, der an einem sonnigen, windstillen Tag im Juni 1959 ohne vorherige Anzeichen umgekippt ist. So soll es den meisten Sequoia-Bäumen irgendwann einmal ergehen.

Am Campfire

Wir werden Zeuge einer gelungenen Veranstaltung. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kommt ein Parkranger zu jedem der Plätze. Er erzählt auch uns, dass um 20 Uhr ein campfire event stattfindet.  Das Thema lautet „In their Footsteps“. Wirgehen hin. Derselbe Ranger erzählt vor über 100 Besuchern Geschichten – ohne Mikrofon, ohne künstliches Licht. Nur im Schein eines Lagerfeuers berichtet er von Leuten, die Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts hier in den Bergen gelebt haben. Oft waren es Einsiedler, die auch im Winter in primitiven Hütten im meterhohen Schnee gewohnt haben. Sie alle einte die Liebe zur Natur und der Überdruss des Stadtlebens. Der gelernte Lehrer für Geschichte und Englisch versteht es meisterhaft, die Zuhörer mit seinen Anekdoten über das Leben dieser Menschen zu fesseln. Sie hören gespannt zu. Am Ende gibt es großen Beifall. Es gibt neben Mc Donalds und Burger King, neben Universal Studios und Walk of Fame also noch ein anderes Amerika.

Annett und ich setzen uns noch eine Weile an unser eigenes Feuer. Wir wollen eine Flasche Wein genießen. Es handelt sich aber um billiges Blubberwasser. Der Genuss bleibt leider auf der Strecke. Vielleicht haben wir beim nächsten Kauf mehr Glück. Bären erscheinen in dieser Nacht nicht. Wir schlafen tief und ruhig in unserem tragbaren Zuhause.

Wiedermal der Autoschlüssel

Am nächsten Morgen steht Duschen auf dem Programm. Die Gebühr von 3 Dollar ist in einem Office zu entrichten. Dann darf man eine enge Kabine betreten. Andere Länder, andere Sitten. Wir wollen heute wandern. Der Weg wird mit „fairly strenuous“ beschrieben. Bevor es losgeht, schaffe ich es zum zweiten Mal, den Schlüssel im Auto zu vergessen. Doch wir sind nun erfahrener und unser Caddy ist alles andere als einbruchssicher. Nach 15 Minuten haben wir das Problem ohne fremde Hilfe gelöst. Die Wanderung ist reichlich 10 km lang. Anfangs geht es bergab, dann jedoch eine endlose Zeit stetig bergauf. Wir können uns richtig ausarbeiten. Anschließend wollen wir in den benachbarten Kings Canyon fahren. Auf halber Strecke entscheiden wir umzukehren. Charlies Lenkung macht uns einen sehr instabilen Eindruck. Wir hoffen, noch die nächste Werkstatt zu erreichen.

Route USA – Teil 1

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