USA / Welt

Folge 27 Im Tal des Todes ertrinken wir fast

Abends sind wir am Death Valley. Nachts ertrinken wir fast in dieser angeblich trockensten Gegend der USA.

Es ist recht warm. Wir tauschen deshalb die Enge im Camper gegen den üppigen Platz in unserem Zelt. Mitten in der Nacht werden wir wach. Annett bemerkt zuerst das Wasser, das plötzlich unser Zelt umgibt. Wir sind verdutzt. Als wir schlafen gingen, war der Boden schließlich noch sehr trocken.

Wir springen aus den Schlafsäcken und betrachten die Bescherung. Durch einen Wasserrohrbruch verursacht, fließt ein rauschender, etwa 3 Meter breiter Wasserstrom über den Platz – unser Zelt mitten drin. Das ist wirklich unglaublich! Alles ist schlammig und nass. Uns bleibt nichts anderes übrig, als unser Zelt zu nehmen und es in trockenen Gefilden erneut zu verankern. Dazu suchen wir uns den einzigen überdachten Ort auf dem Zeltplatz. Das sorgt am nächsten Morgen für allgemeine Heiterkeit, denn hier hat es schon ewig nicht mehr geregnet.

Das Death Valley zählt zu den herausragenden Erlebnissen auf der gemeinsamen Fahrt mit den Eltern. Es wird sehr heiß. Nachmittags steigen die Temperaturen auf weit über 30 ° Celsius – und das mitten im Oktober. An diesem Ort wurden auch die angeblich höchsten Temperaturen auf Erden gemessen. Am 13. Juni 1913 wurden 57 ° Grad im Schatten registriert. Über 50 Grad geht es fast jedes Jahr hinaus. In manchen Jahren regnet es nicht ein Tropfen. Ursache dafür ist das tiefe Tal zwischen den hohen, umgebenden Bergen. Die tiefste Stelle liegt 86m unter dem Meeresspiegel. Die absteigende Luft erwärmt sich stark. Ihre relative Luftfeuchte nimmt dabei ab. Die Landschaft ist trocken, staubig, steinig und lebensfeindlich – zumindest für die meisten Lebewesen. Die Ausstellung im Besucherzentrum beweist, dass sich hier eine Vielzahl von Echsen, Schlangen und kleinen Nagetieren ganz wohl fühlen.

Wir wandern – insgesamt 5 Kilometer. Der Golden Canyon hat uns dazu animiert. Schnell wird die Zunge trocken. Alle überflüssigen Kleidungsstücke werden nach kurzer Zeit abgelegt. Am Ende erreichen wir die Red Cathedral, eine rote Felsmauer, die der Wanderung den ersehnten Wendepunkt beschert. Der blaue Himmel ist ein wunderbarer Kontrast zu den in unterschiedlichen Farbnuancen posierenden Felsen. Von unserer „Wüstentour“ zurückgekehrt, laben wir uns an einem die Lebensgeister reanimierenden Eis aus dem Kühlschrank.

Am Devils Golf Cours machen wir Station. Der tiefste Punkt der USA sieht aus dem Auto heraus wie eine frisch gepflügte Ackerfläche aus. Kommt man näher, sieht man, dass es sich um steinharten, stark versalzten Boden handelt.

Wir schlagen unser Nachtlager auf einem Zeltplatz unweit von Sanddünen auf. Dieser Platz wurde erst vor einer Woche geöffnet. Im Death Valley ist im Winter Urlaubssaison. Sehr beliebt soll die Gegend dann bei wärmesuchenden Rentnern sein.

Der Chef des Zeltplatzes nimmt alles sehr genau und besteht darauf, dass wir uns auf einen ganz bestimmten Platz stellen. Er spendiert uns für das Abendbrot eine Lampe. Nach dem Kartenspielen entdecke ich am Himmel den Jupiter. Zur Zeit kann man mit einem einfachen Fernglas sogar drei seiner Monde sehen. Vor dem Abendbrot hatten wir bereits die Venus entdeckt. Wir nehmen diese beiden Planeten zum Anlass, unsere Sternbildkenntnisse zu überprüfen. Ich sehe überdies eine Sternschnuppe. Wir nutzen die milde Nacht, um erstmals nur mit Innenzelt zu schlafen. Die Konstruktion ist jedoch nicht ausgereift. Der Stoff ist leider undurchsichtig. Martin hat sein Nachtlager in die Dünen verlegt, direkt unter dem grandiosen Sternenhimmel.

Am Morgen testen wir den öffentlichen Swimmingpool. Das Wasser ist um die 25 Grad warm und sehr angenehm. Mit unserem RV fahren wir dann lange Zeit bergauf. Bis auf über 1500 m führt die Straße aus dem Tal des Todes heraus. Viele kurvenreiche Bergstraßen erschweren nun das Vorwärtskommen. Heute können wir den höchsten Berg Kaliforniens, den Mount Whitney, sehen.

Wieder bei den Mammutbäumen

Wir sind mittlerweile schon so lange unterwegs, dass wir beginnen, das Reisen in einer neuen Art und Weise zu erleben. Ich liege lässig ausgestreckt auf der oberen Bank unseres fahrenden Hotels. Der Blick richtet sich auf die vorbei sausende Landschaft. Ganz im Gegensatz zu den Gedanken, die allmählich auf der anderen Seite der Augen dahingleiten. Ich nenne das „gedankliches Surfen“. Ohne Hast und Ziel verfolgt man seine Gedanken, nimmt dabei unerwartete Brücken, Stege und Tunnel, um sich zu anderen Ufern treiben zu lassen. So wandern die Erlebnisse der letzten Tage genau so durch den Kopf wie Erwartungen an die Zukunft. Der Wagen schaukelt. Da ist ein Haus ohne Fenster, dort geht ein lustig aussehender Mensch. Für all diese Nebensächlichkeiten beginnt man Zeit zu haben. Und wenn es zu viel wird, schließt man einfach die Augen – und surft, gedanklich.

Wir übernachten in Three Rivers zu Füßen der Sequoias. Der nächste Morgen ist trüb. Als ob den Eltern gezeigt werden muss, dass es in Amerika auch Wolken gibt, schieben sich eben solche vor die Berggipfel. So ist das Tagesprogramm etwas schmalbrüstig. Annett und ich waren ja vor einigen Wochen schon einmal hier. Die anderen drehen eine Runde durch den Wald. Sie werden durch Landkarten und Wegweiser irgendwie in die Irre geleitet. Dies verlängert zwar die Frierzeit der Wanderer, aber auch meinen Mittagsschlaf. Zum Aufwärmen gibt es Muffins und frisch gebrühten Kaffee.

Auf dem Zeltplatz im Kings Canyon machen wir ein Lagerfeuer. Wir wundern uns über die plötzlich herein brechende Kälte. Ursache ist der sternenklare Himmel. Er bleibt auch am nächsten Tag so klar und beschert uns herrliches Fotowetter. Wir umwandern den General Grant Tree.

Zurück in San Francisco

Für uns verlaufen die nächsten Tage nicht so spektakulär, weil sich Vieles wiederholt. Wir fahren nach San Francisco. Auch für die Eltern verbinden sich viele Erwartungen mit dieser Stadt. Wir hatten unseren Realitätsschock ja bereits vor einigen Wochen. Doch die Eltern haben mehr Glück. Ihnen präsentiert sich die Metropole von ihrer schönen Seite. An einem Tag besichtigen sie die Golden Gate Bridge, China Town, den Financial District, Fishermans Warf und das Cable Car Museum. Annett und ich erledigen in der Zwischenzeit einige persönliche Dinge. Dazu gehen wir auch durch die uns wohlbekannte Market Street. Wir lassen einen Diafilm entwickeln und stellen erleichtert fest, dass viele schöne Fotos dabei sind. Unsere geklauten Rucksäcke bekommen wir leider nicht zu Gesicht.

Am Abend essen wir in dem selben Restaurant auf dem Geary Boulevard wie beim letzten Mal. Das Gericht Five Happyness bewährt sich auch an diesem Abend. Und während ich diese Zeilen schreibe, bekomme ich sofort wieder Hunger. Leider wird aus einem Besuch im Go-Club nichts. Nun werde ich wohl einige Monate auf meinen nächsten Gegner warten müssen. Vielleicht wieder in Sydney?

Wir übernachten auf einem Campground etwas südlich von San Francisco. Unser Wohnmobil steht direkt an der Steilküste des Pazifiks. Trotz optimaler Lage verpassen wir an beiden Tagen den Sonnenuntergang. Wir kommen einfach zu spät und das liegt nicht an den öffentlichen Nahverkehrsmitteln. Obwohl der Campingplatz weit außerhalb liegt, kommen wir zügig und ohne lange Wartezeiten dorthin. Doch irgendwie lässt uns diese Stadt nicht los. Am letzten Tag unseres Aufenthalts in San Francisco rollen wir mit unserem Hotel durch die Straßen der Stadt. Die Eltern kaufen Koffer, Martin Fotozubehör. Später spazieren wir durch den Botanischen Garten. So bekommen wir eine Vorahnung auf das, was uns floristisch in Südamerika erwartet. Unerwartete Richtungswechsel der Rasensprenger sorgen für manch lustige Einlage. Aber die Sonne, die uns auch heute wieder zu Lobeshymnen auf das Wetter animiert, trocknet schnell alles Nassgewordene.

Route USA Teil 2
Route USA Teil 2

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