Im Monument Valley
Am nächsten Morgen haben wir es nicht weit bis zu jener Stelle, die wohl wie keine andere das Bild vom amerikanischen Westen geprägt hat. Das Land ist trocken, unwirtlich. Bizarre Sandsteinformationen stehen in der Gegend herum. Man unterscheidet zwischen Mesa (Tafelberg), Butte (ein zerklüfteter Sandstein, der so hoch wie breit ist) und Spire (wie ein schmaler Turm herausragend). Hier, in dem roten Staub zwischen den Felsen, sind Clint Eastwood und John Wayne zu dem geworden, was sie in unseren Augen sind.
Wir sind mitten im Navajo – Land. Es gibt keinen Alkohol zu kaufen. Der ist hier verboten. Wir sehen überall Indianer. Sie sind sehr amerikanisiert, tragen westliche Kleidung und fahren Autos. Nur in der von ihnen gepflegten Lebensweise und Kultur erinnert noch vieles an früher.
Damals gab es hier 21 Stämme, jeder mit seiner eigenen Sprache und Kultur. Am Eingang zum Nationalpark gilt diesmal kein Nationalpark-Pass. Wir bezahlen 3 Dollar pro Person. Das Visitor Center ist wie immer sehr detailgetreu gestaltet. Eine Indianerin zeigt alte Webtechniken. Es werden die vier Welten der Navajo – Kultur beschrieben. Schwarz, Blau, Gelb und Gold – das sind die Farben der einzelnen Welten bzw. Zustände, die ein Mensch in seinem Dasein durchwandert. In Vielem ähnelt die indianische Religion der christlichen. Auch hier gab es eine große Flut, Adam und Eva. Aber es heißt alles anders. Wir fahren einen 14 mi langen Loop durch die Sandsteine mit vielen Fotostopps. Am Abend geht es weiter in Richtung Mesa Verde. Als wir etwa 50 mi vom Monument Valley entfernt sind, sehen wir im Rückspiegel einen phantastischen Sonnenuntergang. Unsere Fotografen Annett und Martin sind kaum zu halten und führen am liebsten zurück, aber wir sind schon zu weit weg.
Wir übernachten in der Nähe von Cortez. Neben dem Zeltplatz befindet sich ein Casino. Ansonsten gibt es weit und breit nichts. Im Casino drängen sich mindestens 100 Leute vor den Glitzerautomaten. Mit entrücktem Blick werfen sie ihre Münze ein. Ab und zu hört man das Geklimper von Gewinnmünzen. Diese werden meist sofort wieder neu verwertet. Manche spielen an mehreren Automaten gleichzeitig. Daneben müssen noch Zigarette und Trinkglas bedient werden. Das Spielen ist also eine sehr anstrengende und ernsthafte Sache. Eine Frau fährt mit einem Wagen durch die Reihen, um die Spieler mit frischen Münzen zu versorgen. Daran darf es nun wirklich nicht scheitern. Die Hemmschwelle zum Kauf neuer Coins soll so niedrig wie möglich gehalten werden.
Mesa Verde
Wir wachen auf und unser Auto ist weg. Im Nu ist unser Kreislauf oben. Etwas später stellt sich heraus, dass Martin die 100 Meter zur Dusche gefahren ist. Sein Fuß schmerzt. Nach dem Frühstück geht es noch ein paar Meilen weiter. Der nächste Ort heißt Cortez. Er ist so etwas wie das Tor zu Mesa Verde. Mesa Verde heißt übersetzt Grüner Tisch oder im geografischen Sinn eher Grüne Tafel. Es ist der einzige Nationalpark in den USA, der zur Besichtigung von Dingen einlädt, die von Menschenhand geschaffen wurden. Es sind die Cliff dwellings, Wohnungen, die in die Sandsteinfelsen gehauen wurden. Baumeister waren die Anasazi. Sie lebten hier vom 6. Jahrhundert an. Um ihren scheinbar plötzlichen Wegzug um 1300 ranken sich immer noch viele Legenden. Ihr Name bedeutet in der Sprache der Navajo „Die Alten“.
Wir fahren als erstes ins Visitor Center. Dort erfahren wir, dass Touren nur unter Führung eines Parkrangers möglich seien. Wir wählen eine Tour zum Balcony House und landen damit einen Volltreffer. Der Ranger Craig ist ein drahtiger, voll Witz steckender Mann um die 40. Er macht die 60minütige Tour zu einem Erlebnis. Die Anasazi waren Menschen mit artistischen Fähigkeiten. Ihre komplexen Bauten waren nur über Kletterpfade mit in den Sandstein geschabten Grifflöchern zu erreichen. Das ist natürlich den heutigen Touristen nicht zumutbar. Stattdessen sind stabile Leitern von bis zu 10 m Höhe an den Fels gebaut. Craig versteht es, diesen Nervenkitzel optimal auszuschlachten. Er scherzt über alle möglichen Sachen, vermittelt dabei aber viel Wissenswertes über das Leben und die Kultur der Anasazi. So ist zum Beispiel die Kiva eine spezielle Bauform, die bei vielen indianischen Völkern anzutreffen ist und in erster Linie als Zeremonienraum genutzt wird. Die Leute stehen nicht wie bei anderen Führungen fast einschlafend herum, sondern in ihren Gesichtern spiegeln sich reges Interesse und Anteilnahme wider. Es macht Spaß, an dieser Tour teilzunehmen.
Am Abend starten wir einen umfangreichen Vergleich der Cortezer Motels. Die Wahl fällt auf ein Zimmer für 2 Personen im Budget Inn. Das Zimmer ist geräumig, so dass wir ohne Probleme zu viert unterkommen. Wir müssen lediglich geschickt an der Rezeption vorbei. Wir nutzen den angebotenen Komfort des Zimmers ausgiebig. Wir kochen und spielen bis morgens um 2:00 Canasta. Dabei gibt es eine heftige Niederlage für Annett und mich. Aber es ist ja noch Zeit für eine Revanche.
Der Arches Nationalpark
Früh wollen wir zu Fuß den Arches Nationalpark erkunden, doch das Wetter macht uns einen fetten Strich durch die Rechnung. Kalter Dauerregen begleitet von eisigen Windböen zwingt uns zur Änderung des Planes. So fahren wir ins Cortezer Tele Media Center und nutzen dort die Computer, um unsere elektronische Post zu erledigen.
Das Wetter wird besser. Leider reicht die Zeit nur noch für einen kurzen Abstecher in den Park. Der Arches Nationalpark ist für seine zahlreichen Sandsteinbögen berühmt. Er ist nicht sehr groß. Viele kleine Wege führen zu View Points, von denen man prächtige Ausblicke hat. Wir besichtigen das North Window. Das ist ein großer Bogen, der wie durch ein Fenster den Blick auf den nördlich gelegenen, tiefblauen Himmel ermöglicht. Unsere Fotografen sind natürlich wieder in ihrem Element. Für die Nichtfotografen hat das den Vorteil, dass sie in aller Ruhe auch die Kleinigkeiten genießen können. Den Sonnenuntergang verbringen wir mit Blick auf den Delicate Arch, einem Bogen, der einsam und allein auf einem Felsplateau steht. Ein 3 km langer Weg führt auf die andere Seite des Tales. Von hier aus beobachten in Hochzeiten angeblich Hunderte Menschen bei Sonnenuntergang das Spiel der Farben. Heute sind wir fast die einzigen.
Wir übernachten auf einem Zeltplatz unmittelbar am Colorado River. Alle Plätze sind belegt, aber wir können unser Zelt neben das Zelt eines deutsch-amerikanischen Paares stellen. Der Amerikaner und seine Freundin arbeiten in Osnabrück und verbringen ihren Urlaub hier.
Am nächsten Morgen heißt es zeitig aufstehen. Um 6.30 Uhr klingelt der Wecker, 7.00 Uhr ist Abfahrt und 25 Minuten später erleben wir den Sonnenaufgang im Park. Danach gibt es ein ausgiebiges Frühstück auf einem Picknickplatz. Leider beginnt es wieder zu regnen. Unsere Wanderung verschieben wir zunächst. Es ist erst der 4. Regentag unseres Urlaubs. Eigentlich sollten wir damit sehr zufrieden sein. Wir fahren zurück zum Besucherzentrum, kaufen Karten und Dias. Dann klart es auf. Doch als wir am Trailhead ankommen, ist wieder alles grau und vor allem nass. Über eine Stunde warten wir im Auto.
Dann ziehen wir unsere Regensachen an und beschließen, einfach loszulaufen. Wir wollen das Wetter davon überzeugen, dass wir es ernst meinen. Tatsächlich funktioniert diese Methode. Es hört auf zu regnen. Später sagt uns sogar die Sonne „Guten Tag!“. Wir erleben eine wunderschöne Wanderung zum Dark Angel, einem großen, hochaufragenden Stein. Wir passieren dabei den Landscape Arch. Ein sehr dünner Sandsteinstrang verbindet zwei Felsen zu einem Bogen. Man möchte kaum glauben, dass dies natürlich entstanden ist.
Die Nacht verbringen wir wiederum im Zelt am Colorado River. Wir kochen Nudeln mit einer würzigen Soße und wägen Pläne für den folgenden Tag ab. Ich habe im Reiseführer einen Trail im Canyonlands – Nationalpark gefunden, der in den höchsten Tönen gelobt wird.