Wer folgte nicht gern diesem Traum. Ein solcher Traum birgt jedoch auch Illusionen. Er blendet Anstrengungen, Reisealltag, Gefahren in ungewöhnlichen Situationen aus und verdeckt die wahren Reize dieser Unternehmung.
Das Schwierigste an einer längeren Reise ist das Losfahren. Der Tag, an dem man unwiderruflich die Abreise festlegt, ist wie ein zweiter Geburtstag. Bei uns war es irgendwann im Dezember 1999 so weit. Wir hatten uns entschieden, die Reise wirklich zu beginnen. Wir eröffneten die Neuigkeit am Familienrats-Tisch und ernteten Staunen und einen gezogenen Hut von einem späteren Mitreisenden (Martin). Einerseits freuten sich unsere Eltern für uns, andererseits waren sie (vor allem Annetts Vater) traurig darüber, uns Kinder so lange nicht sehen zu können. Sobald die Entscheidung an die „Öffentlichkeit“ kommuniziert wird, gibt es kein Zurück mehr.
Ab sofort arbeiteten wir konzentriert, fast generalstabsmäßig an der Umsetzung. Der Arbeitgeber wurde erfolgreich ins Boot geholt. Annett kündigte ohne doppelten Boden. Die Finanzen mussten organisiert, geordnet und eingeteilt, Auto und Hausrat verkauft bzw. auf das Notwendigste zurückgefahren werden – wie befreiend dieses Loslassen doch war.
Wir sind in einer Welt aufgewachsen, in der Reisen relativ eingeschränkt möglich war. Nach dem Fall der Berliner Mauer stand uns nun schon seit über zehn Jahren eine neue Welt offen. Die bürgerliche Arbeitswelt hatte erste Spuren hinterlassen. Und da war dieses Verlangen, diese Sehnsucht, diese Angst, zu wenig aus einer kurzen Lebenszeit zu machen. Wie eine kleine Raupe in der Mitte eines Obsttellers, die davon hört, dass die süßesten Früchte irgendwo am Tellerrand liegen, hielt uns keine Kraft in unserer kleinen Welt.
Wir wollten uns darauf einlassen, unseren Glückshorizont selbst verschieben – kurz gesagt, wollten wir vom Lebenselixier der Fremde kosten. Sehr groß war die Überraschung als Anja und Martin uns wenig später eröffneten, dass sie an ähnlichen Plänen arbeiteten und wir sie völlig überrumpelt, letztlich aber auch dazu angestupst hatten. Es sollte sich lohnen, zu viert aufzubrechen. Wir verabredeten, Teile der Reise gemeinsam zu unternehmen und so war es richtig. Gerade in Nord- und Südamerika konnten wir uns gegenseitig helfen und unternahmen viel gemeinsam. Während wir uns entschieden, unsere Reise mit Asien abzuschließen, gaben Martin und Anja Afrika den Vorzug. Das alles ließ sich problemlos arrangieren.
Über das Format dieser Beiträge
Die Texte, die hier veröffentlicht werden stammen zum großen Teil aus meinem Tagebuch, welches ich während der Reise lückenlos geführt habe. Glücklicherweise habe ich gleich nach der Reise die Mühe auf mich genommen und die Texte digitalisiert. Jedoch waren diese Texte eben nur Rohbau – vieles musste überarbeitet, redigiert und gekürzt werden. Trotzdem war es eine große Freude, die Dinge, die heute (im Jahr 2022) über 20 Jahre in der Vergangenheit liegen, noch einmal Revue passieren zu lassen.
Manchmal sind die Beiträge sehr textlastig, da mir durch Diebstahl einfach die richtigen Fotos fehlten. Die Fotos wurden größtenteils durch Annett mit ihrer Canon-Spiegelreflex-Kamera aufgenommen. Ursprünglich waren das Dias, die wir im Jahr 2010 für relativ viel Geld digitalisiert haben. Der andere Teil der Bilder stammt von Martin unserem Reisegefährten, der sich 2019 die Mühe gemacht hat, viele Dias von Hand zu scannen und mit sehr aussagekräftigen Tags zu versehen.