2025-Tag 9 Istanbul und Rückreise

Istanbul, Rückfahrt, Fazit
vonBüyükçekmece (TUR)
nachIstanbul (TUR)
↔ 42 km ⬆ 140 Hm ⬇ 280 Hm
🛌🏻
Seatanbul Hotel,
Kucukayasofya Cayıroglu Sok. No:32 Sultanahmet, Fatih,
34400 Istanbul
Türkei

Es war regnerisch am letzten Radtag. Morgens war rings um uns alles im nassen Nebel versunken. Der nahe gelegene Fernsehturm zeichnete sich schemenhaft vor dem grauen Himmel ab. Wir schalteten einen Gang runter und gingen erst einmal frühstücken.

Gegen Mittag wurde es besser – der Wind vom Vortag war vergessen und verschwunden – die Straßen trockneten langsam ab.

Einfahrt nach Istanbul

Wir sattelten ein letztes Mal die Böcke und zogen die leuchtend gelben Jacken ab – in der Hoffnung, im Verkehr wahrgenommen zu werden. Dann stürzten wir uns in den Monsterverkehr. Die erste Stunde war echt abenteuerlich. Wir mussten uns auf einer sechsspurigen Straße gegen alle Varianten des motorisierten Verkehrs behaupten. Andere Fahrradfahrer waren nicht zu sehen. Es ging über riesige Kreisverkehre, immer dem Seitenstreifen folgend – kurz verloren wir uns im Wirrwarr aus den Augen – aber wir fanden uns schnell wieder. Gestern abend mit müden Beinen und bei dem stürmigen Wetter wäre dieser Verkehr mit Sicherheit lebensgefährlich gewesen.

Bald jedoch konnten wir dem großen Verkehr entkommen und fanden einen sehr schönen Radweg unweit der Küste. Den hatten wir ganz für uns. Wir genossen die weitere Einfahrt bei gemächlichem Tempo und gönnten uns in einem schmucken Straßencafe einen Istanbul-Willkommenskaffee mit Törtchen.

Bald sahen wir die Hagia Sophia hoch oben auf dem Istanbuler Hügel thronen. Dort war unser Ziel. Die letzten Höhenmeter nahmen wir mit Wehmut im Herzen und einem Lächeln im Gesicht in Angriff. Schon bald kamen wir in unserem finalen kleinen Hotel an.

Am Eingang begrüßte uns El Imperador – der vierbeinige Chef des Hauses. Haiko kam nur wenige Minuten später. Wir luden die Sachen aus und trugen sie ganz nach oben. Das Zimmer war es wert. 3. Etage, mit Blick auf das Marmarameer und den Bosporus. Ein besseres Ziel hätte es nicht geben können. Wir lösten ein letztes Mal das Parkplatzproblem und genossen dann bei einem Gösser und einsetzender Abendsonne den herrlichen Ausblick über das Wasser.

Noch einmal stiegen wir aufs Rad und fuhren ein paar Hundert Meter mit der Kamera am Rad zum Platz, wo sich die Blaue Moschee und Hagia Sophia befinden. Haiko kam zu Fuß nach und machte unsere definitiven Zielfotos. Was für ein schöner Augenblick.

Wir gönnten uns ein tolles Abendbrot auf einer Terrasse mit einer angemessen großen Portion Kebab und Faßbier. Danach ließen wir den Abend in unserem Zimmer auf dem tollen Balkon ausklingen.

Wir erkunden Istanbul – Hagia Sophia

Zwei Tage Istanbul lagen nun vor uns. Am ersten Tag spulten wir die großen Sehenswürdigkeiten wie Blaue Moschee und Hagia Sophia ab. An der Sicherheitskontrolle zur Hagia Sophia leistete ich mir einen kleinen Faux Pas. Man fand in meinem Rucksack mein Schweizer Taschenmesser. Damit war es natürlich unmöglich hineinzukommen. Ich musste wieder hinaus und wendete mich an die nahe gelegene Tourismus-Polizei. Der Beamte schaute zunächst mit großen Augen auf mein Messer, checkte mich dann aber auf Vertrauenswürdigkeit ab und bezeichnete mich bald als Bro. Ich durfte mein Messer bei ihm lassen. Wir tauschten WhatsApp-Nummern und verabredeten uns ein paar Stunden später. Nun konnte der Rundgang durch die mehr als 1.700 Jahre als Moschee beginnen. Sie war als Kirche gebaut und hat viel Geschichte erlebt. Im nahe gelegenen Museum erfuhren wir einiges über Kaiser Konstantin, der die Stadt zu Konstantinopel machte und ein entsprechendes Gegengewicht zu Rom schuf. Mehmed der Eroberer lies die Kirche zur Moschee umbauen und machte die Stadt zur Hauptstadt der Ottomanen. Im 20. Jahrhundert besuchte der Papst dieses alte Monument, das Zerstörung, Erdbeben und Eroberungen überdauert hat und nun zu den größten Sehenswürdigkeiten der Welt zählt.

Lebensrettung

In einer kleinen Pause bei einem Kaffee beobachteten wir, wie ein kleiner Vogel aus dem Nest fiel. Die spatzenähnlichen Eltern flogen aufgeregt umher, konnten dem aufgeregten Kleinen aber nicht helfen. Sie zeigten ihm immer wieder, wie er den Steigflug einleiten soll. Der Winzling blieb aber auf der Straßenbahnschiene stehen und schaffte nur kleine Hüpfer. Ist das sein Todesurteil? Mehrere Türken kümmerten sich rührend um den Gestrandeten. Sie halfen ihm mehrfach auf einen nahegelegenen Baum. Es sah so aus, als ob er so in die Obhut seiner Eltern zurückkehren und vor den scharfen Krallen der allgegenwärtigen Kätzeleins bewahrt werden konnte.

Über den Bosporus

Abends buchten wir eine kleine Bootstour mit Häppchen durch das Goldene Horn und den Bosporus. Uns wurde viel über die zahlreichen Moscheen, Universitäten, Märkte und sonstigen Sehenswürdigkeiten der Stadt mit 22 Millionen Einwohnern auf zwei Kontinenten erzählt. Bis Asien sind es weniger als zwei Kilometer über den Bosporus – dort liegt der weitaus größere Teil der Stadt.

Das Buchen der Straßenbahnfahrkarten stellte ein kleines Hindernis dar. Unterschiedliche Zahlungsmethoden führten nur teilweise zum Erfolg, aber zu unnötigen Abbuchungen, die wir hoffentlich wieder zurückbekommen.

Toller Tag in Kadıköy

Am zweiten Tag in Istanbul war persönliche Freizeit angesagt. Jeder ging seiner eigenen Wege. Hendrik und Haiko ließen sich eine Tour von ChatGPT zusammenstellen. Ich besuchte das Viertel rund um den Taksim Platz bis hinunter zum Galata-Turm. Nachmittags setzte ich mich auf eine Fähre und setzte nach Asien über. Dort fand ich den authentischen Teil von Istanbul. Im anatolischen Stadtteil Kuyubaşı, Kadıköy fand ich einen tollen Markt mit kleinen Gassen und Straßen-Cafés. Preise und Atmosphäre waren deutlich angenehmer als in den Touristenzentren auf europäischer Seite. Hier schrieb ich bei Kaffee und Milchshake mein Tagebuch und spazierte gegen 17:00 in Richtung Naboo Cafe. Hier treffen sich Istanbuler Go-Spieler immer Mittwochs abends – das schien mir ein lohnenswertes Ziel.

Ich spielte zwei schöne Partien, mit mäßigem Erfolg – aber die Bekanntschaft mit den beiden starken Spielern war wichtiger. Auf der Rückfahrt nach Europa erlebte ich noch einen sehr schönen Sonnenuntergang, spazierte das letzte Mal von der Galata-Brücke über den Platz der Hagia Sophia in unser Hotel.

Bei einem letzten Baklava ließen wir diese herrlichen Tage noch einmal gemeinsam Revue passieren.

Die Rückfahrt

Nun stand die Monster-Rückfahrt an. Drei Tage saßen wir im Auto. Die Grenzdurchfahrt Türkei – Griechenland gelang diesmal ohne nennenswerte Wartezeit. Wir gelangten am ersten Tag bis nach Siebenbürgen, wobei uns Google einen kleinen Streich spielte. Die kritische Strecke liegt zwischen Piteşti und Sibiu. Hier gibt es eine vernünftige Landstraße. Das Wetter war allerdings schlecht und stellenweise drohte der Fluss über das Ufer zu treten. Das wirkte sich auch auf den Verkehr aus – Google sah sich gezwungen, uns über eine alternative Route zu lotsen – vielleicht 100 Kilometer.

Wir durften Rumänien in seiner ursprünglichen Form erleben. Zunächst schimpften wir noch über scheinbar unsichtbare Wellen und Löcher im Asphalt aber schon bald gab es nicht einmal mehr Asphalt. Auf löchrigen Feldwegen quälten wir uns durch die Mittelgebirgslandschaft. Stunde um Stunde verging. Am Ende kamen wir kurz vor Sibiu an und freuten uns über einen geöffneten Supermarkt.

Die zweite Etappe führte uns bis ins Dreiländereck Ungarn / Slowakei / Österreich. Hier stopften wir uns noch ein letztes Mal die Bäuche voll – die Portionen waren riesig und wir betonten, kein schlechtes Gewissen zu haben – denn ab morgen wird der schmale Hans als Küchenmeister beauftragt und dann ist alles wieder anders.

Der letzte Tag kam uns fast lächerlich kurz vor – Bratislava – Brno – Prag – Dresden – Leipzig – für uns ist das mittlerweile ein Katzensprung, der sich in ein paar Stunden bewältigen lässt.

Haiko kam auf dieser Reise insgesamt auf eine Lenkzeit von ca. 70h bei 4.800km – seine jederzeit sichere und konzentrierte Fahrweise nötigte uns den allergrößten Respekt ab.

Fazit

So endet nun also uns vierjähriges Projekt in Istanbul. Was für eine tolle Reise. Unsere Seilschaft hat einiges ausgehalten und es hat fast immer Spaß gemacht – für jedes Problem haben wir gemeinsam Lösungen gefunden. Jeder hat seine speziellen Aufgaben und Eigenheiten – aber als Gruppe funktionieren wir sehr gut. Wir können miteinander und übereinander lachen – es war nie langweilig oder nervend – das ist nicht selbstverständlich!

32 Radtage – mehr als 2.400km bei knapp 15.000 Höhenmetern – Haiko als Alleinfahrer hat dabei in den letzten Jahren ca. 10.000km bewältigt. Schon diese Zahlen sind beeindruckend. Das können und müssen wir zukünftig nicht mehr toppen – aber wir wissen, wir sind noch keine Alten Säcke – das (gemeinsame) Reisen hält uns fit und geistig gesund. Aber wir haben auch unsere Grenzen kennengelernt und unseren Glückshorizont stetig erweitert. Wir werden die nächsten Jahre die Dimensionen etwas herunterfahren, um nicht größenwahnsinnig zu werden.

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